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Zeugnis: Zu gut ist auch nicht immer gut

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Streitigkeiten zwischen Mitarbeitern und dem Arbeitgeber über ein Zeugnis sollten in der Praxis möglichst vermieden werden. Manchen Arbeitgebern scheint es allerdings ein Bedürfnis zu sein, mit einem Zeugnis gegenüber dem scheidenden Mitarbeiter nachzutreten. Das kann auch mit einem übertriebenen und zu guten Zeugnis geschehen.

 

Zeugnisentwurf durch den Arbeitgeber nur eingeschränkt abänderbar

 

Dies zeigt der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14.11.2016, Az.: 12 Ta 475/16. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien einigten sich in einem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Beendigungsvergleich darauf, dass dem Mitarbeiter ein Vorschlagerecht zum Zeugnis zustehe, von dem der Arbeitgeber nur aus dringendem Grund abweichen dürfe. Nach Erhalt des Zeugnisentwurfs durch den Mitarbeiter nahm der Arbeitgeber sodann erhebliche Änderungen vor. Die bereits sehr guten Bewertungen wurden durch übertriebene Worte wie „äußerst“, „extrem“ und „hervorragend“ ergänzt und führten so zu einer herabwertenden Beurteilung des Mitarbeiters.

 

Den Vorschlag „Wir bewerten ihn mit sehr gut“ ersetzte der Arbeitgeber durch „Wenn es bessere Noten als „sehr gut“ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen.

 

Die Formulierung „Herr F. verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern“ ersetzte der Arbeitgeber durch „Herr F. verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, was wir zur Kenntnis nehmen“.

 

Extreme Abweichungen nach oben durch den Arbeitgeber werten das Zeugnis ab

 

Diese extremen Aussagen stellten eine erhebliche Abwertung des Mitarbeiters dar und waren gerade keine dringenden Gründe für eine Änderung des Mitarbeiterentwurfs. Dieser wehrte sich daher entsprechend dem gerichtlichen Vergleich und beantragte die Festsetzung eines Zwangsgeldes durch das Arbeitsgericht, da der Zeugnisanspruch nicht erfüllt worden sei. Mit Erfolg. Die seitens des Arbeitgebers hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Das Arbeitsgericht argumentierte, dass der Anspruch des Mitarbeiters auf das Zeugnis erst dann erfüllt sei, wenn der Arbeitgeber einen Grund für die Änderungen habe. Der Zeugnisanspruch kann aber auch dann nicht erfüllt sein, wenn der Arbeitgeber vom Zeugnisentwurf nach oben abweicht. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich aus dem Gesamteindruck des Zeugnisses ergibt, dass die Bewertungen extreme Übertreibungen ohne die zwingende Ernsthaftigkeit darstellen. Zeugnisstreitigkeiten sind oft langwierig und sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer nicht einfach und sollten daher im Vorfeld so gut es geht vermieden werden.

Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 14.11.2016, Az.: 12 Ta 475/16

 

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