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Gericht kann Anzahl der Überstunden schätzen

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Überstunden werden täglich zuhauf geleistet. Aber vergütet werden dabei die Wenigsten. Dies liegt vor allem an den Arbeitnehmern selbst, welche ihre Ansprüche nicht verfolgen.

Hervorgerufen wird dieses Phänomen dadurch, dass in den allermeisten Arbeitsverträgen eine (oftmals unwirksame) Klausel enthalten ist, nach welcher angefallene Überstunden mit dem Grundgehalt als bezahlt gelten. Diese schriftliche Vereinbarung erzielt ihre psychologische Wirkung auch im Falle ihrer rechtlichen Unwirksamkeit. Wer schreibt, der bleibt. Neben Verfallfristen im Arbeitsvertrag ist zudem auch die Darlegungs- und Beweislast im Gerichtsverfahren für Arbeitnehmer ein Problem, die ihre Überstunden nicht einfach herschenken wollen.

Hohe Hürden bei der Darlegungs- und Beweislast

Am 16.05.2012 entschied das Bundesarbeitsgericht (Az.: 5 AZR 347/11), dass der Arbeitnehmer im Einzelnen darlegen und beweisen muss,

  • an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet hat oder
  • sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat.

Der Arbeitnehmer muss darüber hinaus darlegen und beweisen, ob die Überstunden

  • durch den Arbeitgeber angeordnet waren oder
  • zur Erledigung der ihm übertragenen Arbeit notwendig oder
  • vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind.

Führt der Arbeitnehmer nicht penibel zu seinen Arbeitszeiten Buch, so war ihm der Nachweis von Überstunden stets schwierig. Dies ist nun nach der Rechtsprechung aber einfacher geworden.

Gericht darf Mindestmaß an Überstunden schätzen

Denn die erheblichen Hürden hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.03.2015 (Az.: 5 AZR 602/13) reduziert. Steht nunmehr fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast für jede einzelne Überstunde nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht den Mindestumfang geleisteter Überstunden nach § 287 ZPO schätzen.

Steht fest, so das Bundesarbeitsgericht weiter, dass Überstunden geleistet wurden, weil die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewiesene Arbeit generell oder zumindest im Streitzeitraum nicht ohne die Leistung von Überstunden zu erbringen war, kann aber der Arbeitnehmer nicht jede einzelne Überstunde belegen, kann und muss der Tatrichter das Mindestmaß geleisteter Überstunden schätzen, sofern dafür ausreichende Anknüpfungstatsachen vorliegen.

Es muss mithin nicht mehr zu jeder einzelnen Überstunde gestritten werden. Ausreichend ist, dass letztlich die Arbeit gar nicht ohne Überstunden erledigt werden konnte und Tatsachen nachgewiesen wurden, dass eine längere Arbeitszeit die Folge war.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.03.2015, Az.: 5 AZR 602/13

 

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