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Ehrenamtlich oder doch ein Arbeitsverhältnis?

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Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis begründet wurde und ob dieses durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden ist sowie über die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes.

Die Beklagte betreibt ein Wohnprojekt für obdachlose, alkoholkranke Männer. Der Kläger wurde über drei Jahre hinweg monatlich zu drei Nachtwachen in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr eingesetzt. Voraussetzung für seine Einsätze war stets, dass er sich in Dienstpläne bei der Beklagten eingetragen hatte. Für drei Nachtwachen monatlich erhielt er 195 EUR netto, welche als Aufwandsentschädigung bezeichnet worden waren. Im Januar 2018 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er den gesetzlichen Mindestlohn für die Jahre 2015 bis 2017 verlange. Dies lehnte die Beklagte schriftlich ab und kündigte außerdem mit Schreiben vom 01.02.2018 das bestehende Vertragsverhältnis außerordentlich fristlos.

Hiergegen wehrte sich der Kläger mit einer Klage vor dem ArbG Berlin. Dieses stellte fest, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, welches nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung beendet worden sei und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des Mindestlohns. Hiergegen wendet sich die Berufung.

Entscheidung

Das LAG änderte das erstinstanzliche Urteil ab. Arbeitnehmer sei, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Es entspreche hingegen nicht dem Wesen eines Arbeitsvertrages, wenn ein Mitarbeiter frei entscheiden könne, ob und für wann er sich in Dienstpläne einträgt und er erst dann zur Leistungserbringung verpflichtet wird, wenn er sich eingetragen hat. Die Beklagte war nicht berechtigt, den Kläger anzuweisen, welche Nachtdienste er zu leisten habe und dass er bspw. eine Urlaubsvertretung zu übernehmen habe.

In Ermangelung eines Arbeitsverhältnisses bestehe auch kein Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes, da dieser nur für Arbeitnehmer gelte, § 22 I 1 MiLoG.

Praxishinweis

Beim Einsatz Ehrenamtlicher sind Abgrenzungskriterien für ein Arbeitsverhältnis die Weisungsgebundenheit und Eingliederung des vermeintlich Ehrenamtlichen in die Arbeitsorganisation. Gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprechen etwa die Möglichkeit zur Ablehnung von bestimmten Arbeiten, das (weitestgehende) Fehlen von Berichtspflichten und die freiwillige Teilnahme an Besprechungen und Teammeetings.

Stellt sich die Durchführung des Ehrenamtes nach den tatsächlichen Umständen als fremdnützige, weisungsgebundene Tätigkeit dar, liegt ein Arbeitsverhältnis vor. Dies hätte neben dem Anspruch auf Mindestlohn auch Ansprüche auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, eine Beitragspflicht in der Sozialversicherung sowie Kündigungsschutz zur Folge.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.12.2018, Az.: 14 Sa 1501/18

 

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