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Arbeitszeugnis per Post: Knicken und Tackern erlaubt

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Wenn ein Streit um das Arbeitszeugnis vor Gericht landet, liegt das normalerweise an Unstimmigkeiten bezüglich der Beurteilung des Mitarbeiters. Manchmal ist der Auslöser aber auch die Form des Zeugnisses, wie ein Fall aus Rheinland-Pfalz beweist.

Persönliche Übergabe oder Postweg? Wenn das Arbeitszeugnis vom Empfänger nicht abgeholt wird, darf es ihm zugeschickt werden. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Zeugnispapier in einem Briefumschlag per Post verschickt wird. Es ist demnach nicht verboten, das Zeugnis für einen Versand per Brief zu falten und mehrere Seiten durch Tackern miteinander zu verbinden.

Ex-Mitarbeiter holte das Zeugnis nicht ab – dann wurde es ihm zugeschickt

Das LAG Rheinland-Pfalz verwies in seinem Urteil auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Demnach erfüllt ein Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses auch mit einem Zeugnis, das er zweimal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen – vorausgesetzt das Originalzeugnis ist kopierfähig und die Knicke im Zeugnisbogen zeichnen sich nicht auf den Kopien ab. Ein Arbeitgeber ist demnach grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, das Arbeitszeugnis ungefaltet in einem großen Briefumschlag (DIN A4) zu verschicken.

Im vorliegenden Fall war es offenbar so, dass der Ex-Mitarbeiter das umstrittene Arbeitszeugnis am Firmenstandort in Mainz hätte abholen können, was er aber nicht tat. Daraufhin versendete der Arbeitgeber das Dokument in einem Briefumschlag. Laut LAG Rheinland-Pfalz war dem es Kläger nicht unzumutbar, das Zeugnis in Mainz abzuholen oder durch einen beauftragten Boten abholen zu lassen. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrug hier ca. 11 Kilometer.

Tackern kein unzulässiges Geheimzeichen

Nach dem Urteil hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ein ungetackertes Arbeitszeugnis. Das LAG folgte auch hier der Argumentation des Klägers nicht und wertete das Zusammenheften von zwei Zeugnisseiten nicht als unzulässiges Geheimzeichen. Es gebe keinerlei Belege dafür, dass ein „getackertes Zeugnis“ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen. Der Kläger verkenne, dass es auf die Sicht des objektiven Empfängerhorizonts und nicht auf vereinzelt geäußerte Rechtsansichten ankomme, selbst wenn sie im Internet zu „Geheimcodes“ kursieren.

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.11.2017, Az. 5 Sa 314/17

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