Normalerweise stellt sich der Betriebsrat einer Kündigung eher entgegen, als dass er sie befürwortet. Unter besonderen Umständen kann er die Entlassung eines Arbeitnehmers jedoch selbst verlangen. Über ein solches Entlassungsverlangen des Betriebsrats hatte das Bundesarbeitsgericht am 28.03.2017 zu entscheiden.
Die Grundsituation ist in § 104 des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt. Dort heißt es u.a.:
„Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs.1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen.“
Nimmt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung nicht vor, kann der Betriebsrat einen Antrag an ein Arbeitsgericht stellen, welches dann den Arbeitgeber zur Durchführung der Maßnahme verpflichten kann.
Kündigungsschutzklage gegen Entlassungsverlangen des Betriebsrats
Im vom BAG zu entscheidenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin sich mehrfach schwerwiegend fehl verhalten. Der Betriebsrat verlangte die Entlassung. Nach Verweigerung des Arbeitgebers beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht, den Arbeitgeber zur fristlosen und hilfsweise ordentlichen Entlassung zu verpflichten und obsiegte teilweise. Der Arbeitgeber kündigte dann der Arbeitnehmerin fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Die Arbeitnehmerin erhob sodann Kündigungsschutzklage. Sie argumentierte gegen die vermeintliche verhaltensbedingte Kündigung mit einem fehlenden Kündigungsgrund und fehlender sozialer Rechtfertigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes.
Entlassungsverlangen führt zur betriebsbedingten Kündbarkeit
Das BAG urteilte dann aber, dass nicht verhaltensbedingte Vorwürfe die Kündigung bewirkt hätten, sondern ein „dringendes betriebliches Erfordernis“ also eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 KSchG vorliegt, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Entlassungsverlangens des Betriebsrates zur Kündigung verpflichtet wird. Die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers war damit wirksam. Die außerordentliche Kündigung befand das BAG jedoch für unwirksam; denn das Arbeitsgericht, das dem Arbeitgeber die Entlassung aufgegeben hatte, habe den Arbeitgeber nicht auch zur außerordentlichen fristlosen Kündigung verpflichtet.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.03.2017, Az.: 2 AZR 551/16
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts
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