Will ein Arbeitgeber ein ärztliches Attest bei Arbeitsunfähigkeit bereits vor dem vierten Krankheitstag vorgelegt bekommen, muss er den Betriebsrat beteiligen. Das Mitbestimmungsrecht betrifft sowohl das »Ob« als auch das »Wie« einer Regelung. Zuständig ist stets der örtliche Betriebsrat, so das Bundesarbeitsgericht.
Einschlägig ist hier § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dieser sieht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vor, wenn Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb betroffen sind. Wird vom Arbeitgeber in einer von ihm vorgegeben Form und innerhalb einer bestimmten Frist ein ärztliches Attest zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit verlangt, betrifft das das betriebliche Ordnungsverhalten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.01.2000, Az.: 1 ABR 3/99).
Zur Entscheidung Anlass gegeben hatte der Fall einer 52-jährigen Redakteurin, welche für einen bestimmten Tag mehrfach Urlaub beantragt hatte. Nachdem sie diesen nicht bekam, meldete sie sich krank. Der Arbeitgeber verlangte fortan die Vorlage eines Attests ab dem ersten Krankheitstag. Das wollte sich die Redakteurin nicht gefallen lassen und klagte auf Widerruf der Anweisung.
Arbeitgeber steht Regelungsspielraum zu
Gesetzlich vorgesehen ist die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Ablauf von drei Kalendertagen, also am vierten Tag einer Erkrankung. Dabei muss es aber nicht bleiben. § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) räumt dem Arbeitgeber einen Regelungsspielraum ein. So bleibt es dem Arbeitgeber ohne besondere Voraussetzungen vorbehalten, die Vorlage eines ärztlichen Attests abweichend von § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EFZG vor dem vierten Krankheitstag zu verlangen. Dies kann so weit gehen, dass der Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangt.
Örtlicher Betriebsrat stimmt bei kollektiver Regelung mit
Im freien Ermessen handelt der Arbeitgeber, wenn er eine Regelung im Einzelfall trifft, entweder für bestimmte Einzelpersonen präventiv oder anlassbezogen sofort die Vorlage eines Attests verlangt. Stellt er aber eine Regel auf, die für alle Arbeitnehmer gelten soll, schafft er einen kollektiven Sachverhalt, den der örtliche Betriebsrat mitzubestimmen hat.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2012, Az.: 5 AZR 886/11
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts
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