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Kündigung der Kirche aufgrund Wiederheirat kann unwirksam sein

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Der Europäische Gerichtshof (EUGH) hat nunmehr entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber nicht frei beschließen können, für welche Beschäftigte besondere Anforderungen an das loyale und aufrichtige Verhalten im Sinne ihres Ethos gelten. Die nationalen Gerichte haben vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob entsprechende Anforderungen notwendig und angesichts des Ethos der Kirche aufgrund der Art der in Rede stehenden beruflichen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung objektiv geboten sind.

Im Ausgangsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer Kündigung gegenüber einem Chefarzt durch ein katholisches Krankenhaus. Der Kläger war seit 2000 als Chefarzt tätig, ist katholischer Konfession und war nach katholischem Recht verheiratet. Im Jahr 2005 trennte sich seine erste Ehefrau von ihm, 2008 erfolgte sodann die Scheidung. Im August 2008 heiratete der Kläger seine neue Lebensgefährtin standesamtlich, ohne dass seine erste Ehe seitens der Kirche für nichtig erklärt worden war. Nachdem die Beklagte durch ein Schreiben vom 30.03.2009 von der erneuten Heirat Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger zum 30.09.2009. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Dies wurde durch die Folgeinstanzen bestätigt und letztlich vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses rief den Europäischen Gerichtshof an.

Nationale Gerichte müssen im Einzelfall prüfen

Der EUGH entschied, dass die nationalen Gerichte überprüfen müssen, ob Anforderungen von kirchlichen Arbeitgebern, sich loyal und aufrichtig im Sinne ihres Ethos zu verhalten, wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt sind.

Aus der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie gehe ausdrücklich hervor, dass es von der Art der fraglichen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung abhängt, ob die Religion eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der betreffenden Kirche im Sinne dieser Vorschrift darstellen kann.

Art der fraglichen Tätigkeit entscheidend

Die Rechtmäßigkeit einer Ungleichbehandlung (Diskriminierung) wegen der Religion hänge also vom objektiv überprüfbaren Vorliegen eines direkten Zusammenhangs zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit ab. Es obliege daher der Kirche, die eine berufliche Anforderung aufgestellt hat, im Licht der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls darzutun, dass die geltend gemachte Gefahr einer Beeinträchtigung ihres Ethos oder ihres Rechts auf Autonomie wahrscheinlich und erheblich ist. Dabei müsste die Anforderung, um die es geht, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen, was bedeutet, dass die nationalen Gerichte prüfen müssen, ob die Anforderung angemessen ist und nicht über das zur Erreichung des angestrebten Ziels Erforderliche hinausgeht.

Fazit:

Die Anforderung an den Arzt, den nach katholischem Verständnis heiligen Charakter der Ehe zu beachten, erscheint laut dem Europäischen Gerichtshof nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung. Letztlich muss hierüber sodann das Bundesarbeitsgericht als nationales Gericht entscheiden.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11.09.2018- C-68/17

 

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