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Kündigung während Elternzeit trotz Formfehler möglich?

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Hat eine schwangere Arbeitnehmerin mehrfach mündlich angekündigt, nach ihrer Entbindung die vollen drei Jahre Elternzeit ausschöpfen zu wollen und bleibt sodann auch mit der Absicht, die drei vollen Jahre zu nehmen, zu Hause, so darf ihr nach 16 Monaten Elternzeit nicht gekündigt werden, auch wenn sie den Elternzeitantrag lediglich mündlich, und damit nicht formwirksam, gestellt hat.

Stillschweigende Akzeptanz heilt Formfehler

Das an sich unumgängliche Schriftformerfordernis kann durch die stillschweigende Akzeptanz des Arbeitgebers über den Zeitraum von mehr als einem Jahr aufgehoben werden. Zudem hatte im vorliegenden Fall der Arbeitgeber gegenüber der Krankenkasse bestätigt, dass sich die Arbeitnehmerin für den Zeitraum von drei Jahren in Elternzeit befinde. Daher verstößt die vorliegende Kündigung gegen Treu und Glauben, was die Arbeitnehmerin nicht hinnehmen muss. Und dies, obwohl sie es versäumt hat, die Elternzeit schriftlich einzureichen.

Kündigung nach § 18 BEEG i.V.m. § 134 BGB nichtig

Die Kündigung ist zudem bereits wegen dem Kündigungsverbot nach § 18 BEEG nichtig. Das Bundesarbeitsgericht begründete seine Auffassung damit, dass sich die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung in Elternzeit befand. Sie habe eine ausreichende Erklärung zur Inanspruchnahme ihrer Elternzeit, wenn auch nicht in der nach § 16 BEEG geforderten Schriftform, abgegeben. Der Formmangel sei nach § 242 BGB unter dem Gebot widersprüchlichen Verhaltens unbeachtlich. Schließlich habe es der Arbeitgeber mehr als ein Jahr geduldet, dass sich die Arbeitnehmerin in Elternzeit befand und nicht zur Arbeit erschienen sei. Daher habe die Arbeitnehmerin auch davon ausgehen können, sie könne ihre Elternzeit weiterhin bis zum Ablauf von drei Jahren in Anspruch nehmen, ohne eine formwirksame Erklärung nachholen zu müssen.

Voraussetzungen des § 15 und 16 BEEG müssen vorliegen

Das Kündigungsverbot nach § 18 BEEG besteht allerdings nur dann, wenn die Arbeitnehmerin die Elternzeit berechtigterweise angetreten hat und zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Elternzeit vorliegen. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung müssen daher sowohl die Voraussetzungen des § 15 BEEG als auch die des § 16 BEEG vorliegen.

Fazit: Wenn ein Arbeitnehmer Elternzeit beantragt, sollte er dies grundsätzlich schriftlich beim Arbeitgeber einreichen, damit es überhaupt nicht zu Diskussionen über Wirksamkeit des Antrags kommt.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.06.2008, Az.: 2 AZR 23/07

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