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Rechtsextreme Aktivitäten: außerdienstliches Verhalten nicht zwingend ein Kündigungsgrund

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Tatsächliche oder mutmaßliche rechtsextreme Aktivitäten des Arbeitnehmers in dessen Freizeit berechtigen den Arbeitgeber grundsätzlich nicht zur Kündigung. So hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG Niedersachsen) am 21.03.2019 entschieden.

Politische Betätigung außerhalb der Arbeitszeit grundsätzlich erlaubt

Zwischen dienstlichem und privatem Lebensbereich des Arbeitnehmers ist klar zu unterscheiden: Die Gestaltung des letzteren obliegt alleine dem Arbeitnehmer und steht damit außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers. Insbesondere kann eine bestimmte politische Ansicht oder Betätigung nicht zur Kündigung führen. Etwas anderes gilt allenfalls bei öffentlichen Arbeitgebern oder sog. Tendenzbetrieben, worunter zum Beispiel Interessenvertretungen und Redaktionen fallen. Selbst wenn das außerdienstliche Verhalten eine Straftat darstellt, kann dies nicht automatisch zur Kündigung führen. Erst wenn etwa die Eignung des Arbeitnehmers z.B. durch rechtsextreme Aktivitäten in Frage steht, kommt dies in Betracht.

Ein Discobesuch und andere rechtsextreme Aktivitäten

Anstoß zur Kündigung des Arbeitnehmers gab ein Discobesuch auf Mallorca: Während des Auftrittes einer Schlagersängerin in einer Großraum-Diskothek breitete eine Gruppe Männer eine Flagge aus, welche der sog. Reichskriegsflagge nachempfunden war. Diese auf das Kaiserreich zurückgehende Flagge wurde auch – in abgewandelter Form – während der Zeit des Nationalsozialismus verwandt. Die konkrete Rolle des klagenden Arbeitnehmers konnte zwar nicht aufgeklärt werden, jedenfalls befand er sich zu dieser Zeit auch in der Nähe der rechtsextremen Gruppe.

Nach einer Befragung zu diesem Vorfall wurde der Kläger von der Arbeit freigestellt und anschließend fristlos gekündigt. Grund hierfür war auch, dass dieser bereits zuvor durch verschiedene rechtsextreme Aktivitäten aufgefallen war. Auch über sein Facebook-Profil wurden fremdenfeindliche und rechtsextreme Beiträge verbreitet.

LAG Niedersachsen: Keine Vertragsverletzung durch außerdienstliches Verhalten

Das LAG Niedersachsen hielt die Kündigung für unwirksam und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig. Da das Verhalten des Arbeitnehmers allein dem privaten Bereich zuzuordnen sei und hieraus weder konkrete Störungen im vertraglichen Leistungsverhältnis noch im betrieblichen Ablauf resultierten, könne das Verhalten des Arbeitnehmers keine Kündigung rechtfertigen. Eine Verletzung der den Arbeitnehmer treffenden Rücksichtnahmepflicht liege nicht vor.

Auch die Voraussetzungen des § 9 des Kündigungsschutzgesetzes, welcher das Gericht ausnahmsweise zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Unwirksamkeit der Kündigung berechtigt, sah das LAG Niedersachsen nicht als gegeben an. Der klagende Arbeitnehmer kann daher für die Zukunft seine Weiterbeschäftigung verlangen.

Fazit:
Mag die politische Überzeugung des Arbeitnehmers zwar nicht gefällig sein, so zeigt das Urteil des LAG Niedersachsen doch die klaren Grenzen zwischen privatem und dienstlichem Verhalten auf. Gelingt dem Arbeitgeber der Nachweis konkreter vertraglicher oder betrieblicher Störungen durch das Verhalten des Arbeitnehmers nicht, so kommt eine Kündigung nicht in Betracht. Dies gilt nicht nur für politische Betätigungen, sondern auch in allen anderen Bereichen.

LAG Niedersachen, Urteil vom 21.03.2019, Az.: 13 Sa 371/18

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