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Vertraulichkeit bei Patientendaten

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Verletzt eine medizinische Fachangestellte (Arzthelferin) ihre arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht dadurch, dass sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt, stellt dies an sich einen wichtigen Grund dar, das Arbeitsverhältnis der Fachangestellten außerordentlich zu kündigen.

Die Klägerin war seit Juni 2012 in einer radiologischen Praxis beschäftigt und unter anderem für die Terminverwaltung zuständig. Als eine Patientin, die sowohl der Klägerin als auch ihrer Tochter persönlich bekannt war, einen vereinbarten Untersuchungstermin absagte, rief die Klägerin das elektronisch gespeicherte Terminblatt der Patientin auf. Aus dem Terminblatt ist ersichtlich: Name und Geburtsdatum der Patientin, zu untersuchender Körperbereich und damit korrespondierend das für die Untersuchung zu reservierende MRT-Gerät. Die Klägerin fotografierte das Terminblatt mit ihrem Smartphone und leitete das Foto mit den Patientendaten per WhatsApp an ihre Tochter weiter. Sie kommentierte dies mit den Worten „mal sehen, was die schon wieder hat“. Die Tochter der Klägerin zeigte im Sportverein die WhatsApp-Nachricht ihrer Mutter, was der Vater der Patientin erfuhr und sich daraufhin in der Praxis beschwerte. Der Arbeitgeber hörte die Klägerin an und kündigte anschließend das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich.

Weitergabe von Patientendaten fristloser Kündigungsgrund

Das Landesarbeitsgericht hielt, ebenso wie das Arbeitsgericht Mannheim, die fristlose Kündigung für wirksam. Die Weitergabe der Patientendaten einschließlich der beabsichtigten Untersuchung (Körperbereich/MRT) wiege so schwer, dass die Klägerin erkennen konnte, die Beklagten würden das gemeinsame Arbeitsverhältnis bei einer derartigen Vertragsverletzung beenden. Der vertrauliche Umgang mit Patientendaten sei für eine Arztpraxis zum einen so grundlegend, dass sich jede Mitarbeiterin bewusst ist, sie stellt ihr Arbeitsverhältnis in Frage, wenn sie Daten unbefugt nach außen gibt. Zum anderen ist der vertrauliche Umgang mit Patientendaten auch so selbstverständlich, dass ein Verstoß hiergegen das für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen der Praxisbetreiber in die Diskretion seiner Angestellten besonders nachhaltig und deshalb unwiederbringlich beeinträchtigt.

Fristgerechte Kündigung keine echte Alternative

Das Verhalten der Klägerin habe die Beklagten dazu gezwungen, Maßnahmen zu treffen, die gegenüber Patienten und überweisenden Ärzten deutlich machten, dass in ihrer Praxis der Schutz der Patientendaten trotz des Vorfalls gewährleistet ist. Das konnten sie nur durch eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin erreichen. Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hätte das Risiko mit sich gebracht, dass Patienten oder überweisende Ärzte, denen der Vorfall aus Erzählungen der betroffenen Familie bekannt war, mit der Klägerin in Berührung gekommen wären und so den Eindruck gewonnen hätten, der Schutz der Patientendaten sei in der Praxis der Beklagten nach wie vor nicht gewährleistet. Eine Abmahnung sei darüber hinaus in keiner Weise praktikabel gewesen.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2016, Az.: 12 Sa 22/16

 

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