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„Fettes Schwein“ rechtfertigt keine Kündigung

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Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Beleidigung von Vorgesetzten mittels „Emoticons“ in einem Kommentar in der Facebook-Chronik eines Arbeitskollegen nach Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers keine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertige. Vielmehr sei zunächst eine Abmahnung als milderes Mittel geboten.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war seit 1999 als Montagearbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Hintergrund des Ganzen war ein öffentlich zugänglicher Facebook-Eintrag des Klägers.
Ein Mitarbeiter der Beklagten war seit längerer Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Er postete die erlittene Verletzung in seiner für jedermann einsehbaren, nicht eingeschränkten Facebook-Chronik, woraufhin in der Kommentarfunktion insgesamt 21 Personen, darunter der Kläger und vier weitere Arbeitskollegen, über den Arbeitsunfall, die Krankmeldung sowie den Zeitpunkt der Rückkehr des Mitarbeiters diskutierten. Unter anderem antwortete der Kläger auf einen vorangehenden Kommentar bezüglich des späten Rückkehrzeitpunkts des verletzten Arbeitskollegen: „Das Fette [Emoticon eines Schweinekopfes] dreht durch!!!“ und darauffolgend „Und der [Emoticon eines Bärenkopfes] auch!!!“.

Konkrete Eintragung auf Facebook stellen grundsätzlich Beleidigung dar

Als die Beklagte Kenntnis von dem Sachverhalt erlangte, kündigte sie dem Kläger außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Kläger erhob sodann gegen die außerordentliche fristlose Kündigung als auch gegen die ordentliche Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Pforzheim. Er verteidigte sich damit, dass es sich um eine ausschließliche private Kommunikation auf Facebook gehandelt habe, welche nur von Insidern hätte verstanden werden können. Mit den Emoticons, etwa dem eines Schweinekopfes, seien keine Vorgesetzten gemeint gewesen. Auch sei ein Emoticon eines Bärenkopfes keine Beleidigung. Zudem müsse die Situation berücksichtigt werden, dass der Kläger schon langjährig bei der Beklagten beschäftigt sei und nur in Teilzeit arbeite, um seine demenzkranke Großmutter pflegen zu können.

Vorherige Abmahnung erforderlich gewesen

Im Ergebnis gab das Arbeitsgericht Pforzheim und auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dem Kläger recht, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigungen nicht beendet worden sei und die Beklagte den Kläger weiterbeschäftigen müsse. Zwar sahen die Gerichte die Facebook-Kommentare grundsätzlich als Beleidigung der Vorgesetzten an. Allerdings müsse man das Trennungsinteresse des Arbeitgebers gegen das Interesse des Klägers an der Weiterbeschäftigung abwägen. Hier sprach für den Kläger, dass er sechzehn Jahre lang beanstandungslos bei der Beklagten beschäftigt gewesen ist. Die Beklagte hätte zuvor zwingend eine Abmahnung aussprechen müssen, da aufgrund des bislang tadellos laufenden Beschäftigungsverhältnisses davon auszugehen war, dass der Kläger nach Ausspruch einer Abmahnung derartige Äußerungen daraufhin nicht mehr verbreitet hätte.

Nur ausnahmsweise sei eine Abmahnung nicht erforderlich, wenn die Hinnahme des Verhaltens des Arbeitnehmers nicht zumutbar sei oder absehbar sei, dass dieser sein Verhalten nicht ändern werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass man sich als Arbeitnehmer nicht nur beim gesprochenen Wort, sondern auch in den sozialen Netzwerken mit beleidigenden Äußerungen und Kommentaren zurückhalten sollte, da diese eine schwere Beleidigung darstellen können, die im Einzelfall doch auch zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.6.2016, Az. 4 Sa 5/16

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