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Massenentlassung: Sonderkündigungsschutz beachten!

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Arbeitgeber, die innerhalb von 30 Tagen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern kündigen wollen, müssen die Massenentlassung der Agentur für Arbeit anzeigen. Der daraus resultierende Kündigungsschutz gilt auch während der Elternzeit. Dies entschied am 26.01.2017 das Bundesarbeitsgericht. Vorausgegangen waren ein langer Verfahrensweg und eine Reihe von Niederlagen.

Die Klägerin war bei einer griechischen Fluggesellschaft angestellt, die Ende 2009 Insolvenz anmeldete und den Standort Frankfurt mit 36 Arbeitnehmern schloss. Die meisten der Kolleginnen/Kollegen hatten mit ihrer Kündigungsschutzklage Erfolg. Denn die Fluglinie hatte es unterlassen, eine ordentliche Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG bei der Agentur für Arbeit abzugeben. Dies machte die Kündigungen unwirksam (BAG, 13.12.2012, Az.: 6 AZR 5/12).

Fehlerhafte Massenentlassungsanzeige macht Kündigung unwirksam

Die Kündigungsschutzklage der Klägerin wurde hingegen vom Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht abgewiesen. Ihre Kündigung sollte wirksam sein, weil für sie keine Massenentlassungsanzeige erforderlich gewesen sei. Denn man habe sie erst nach der 30-tägigen Kündigungswelle gekündigt, als im März 2010 die behördliche Zustimmung nach § 18 Bundeselterngeld- und -Elternzeitgesetz (BEEG) zur Kündigung während der Elternzeit vorgelegen hatte. Eine solche ist bei der Elternzeit erforderlich. Die Klägerin hatte daher wegen der zeitlichen Verzögerung vom Sonderkündigungsschutz nach § 17 KSchG und dem bei der Massenentlassung begangenen Formfehler der Arbeitgeberin nichts. Dagegen reichte die Klägerin Verfassungsbeschwerde ein.

Bundesverfassungsgericht bricht Lanze für Elternzeitler

Das Bundesverfassungsgericht urteilte (Urteil vom 08.06.2016, Az.: 1 BvR 3634/13), dass der besondere Kündigungsschutz bei einer Massenentlassung auch für Arbeitnehmer in Elternzeit gelten müsse. Denn andernfalls verstoße man gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 3 Grundgesetz) und benachteilige verbotenerweise (mittelbar) Frauen wegen ihres Geschlechts, denn die Mehrheit der Arbeitnehmer in Elternzeit ist weiblich.

Bundesarbeitsgericht übernimmt Argumentation

Das Bundesarbeitsgericht musste aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts den Sachverhalt neu entscheiden und übernahm nunmehr die Argumente aus Karlsruhe. Eine Massenentlassungsanzeige ist nunmehr auch vor der Kündigung von einzelnen Arbeitnehmern erforderlich, die während der eigentlichen Entlassungswelle besonderen Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft, Elternzeit oder Schwerbehinderung genießen, und deren Kündigung sich zeitlich wegen zuvor einzuholender Zustimmungen von Behörden verzögert.

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

 

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