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Diskriminierung bei Nichteinstellung wegen Kirchenaustritt?

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Bereits mehrfach hatten sich die Arbeitsgerichte sowie der Europäische Gerichtshof mit der Frage der Diskriminierung infolge des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts auseinanderzusetzen. Anlass gab die Frage der möglichen Diskriminierung bei Nichteinstellung wegen Kirchenaustritt.

Zuletzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 11.09.2018, Az. C-68/17) entschieden, dass die Wiederheirat nach einer Scheidung keinen Kündigungsgrund darstellt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger ist Chefarzt eines durch die Caritas betriebenen katholischen Krankenhauses. Dieses hatte das Angestelltenverhältnis gekündigt nachdem der geschiedene Chefarzt erneut geheiratet hatte und damit, so die Kirche, das heilige Sakrament der Ehe verletzt habe.

Sonderrolle der Kirche auch beim Kündigungsrecht

Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht, welches über Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit den Vorschriften der Weimarer Reichverfassung (WRV) in der deutschen Verfassung als solches verankert ist, gibt den Kirchen das Recht, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu regeln. Die Diskriminierungsvorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) finden insoweit keine Anwendung.

Unwirksamkeit der Kündigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers

Schon das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 8.9.2011, Az. 2 AZR 543/10) war der Ansicht, dass eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers auch für eine Kündigung durch die Kirche unumgänglich sei und hat die Kündigung nach Abwägung beiderseitiger Interessen für unwirksam erklärt. Nachdem die katholische Kirche gegen die letztinstanzliche Entscheidung des BAG Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt hatte, nahm sich auf Vorlage des BAG der Europäische Gerichtshof der Sache an.

EuGH erblickt Diskriminierung in unzulässiger Kündigung

Dieser führt aus, die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung könne eine verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen. Zwar stelle die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung dar, diese unterliege jedoch der gerichtlichen Kontrolle. Die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses stelle für die ärztliche Tätigkeit des Chefarztes keine wesentliche berufliche Anforderung dar. Die erfolgreiche Ausübung seiner Tätigkeit hänge nicht notwendig von der Befolgung des katholischen Eheverständnis ab.

Rechtswidrige Diskriminierung bei der Frage nach dem Kirchenaustritt

Ungeklärt blieb bislang die Frage, ob die Kirche unter Berufung auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht einen Bewerber ablehnen darf. Diese Frage hat nun das Arbeitsgericht Pforzheim (Az.: 5 Ca 283/18) beschäftigt. Hintergrund ist die Ablehnung der Klägerin für eine Tätigkeit im Sekretariat des katholischen Hochschulverbandes in Pforzheim. Nachdem ihr infolge der erfolgreich verlaufenden Einstellungsgespräche die gewünschte Teilzeitstelle zugesichert wurde, gab sie bei dem später auszufüllenden Personalfragebogen an, dass sie aus der katholischen Kirche ausgetreten sei. Daraufhin sei ihr von der zuständigen Erzdiözese Freiburg mitgeteilt worden, dass unter diesen Umständen des Kirchenaustritts ein Arbeitsverhältnis nicht abgeschlossen werden könne. Die Klägerin sah sich hierdurch diskriminiert und erhob Klage zum Arbeitsgericht.

Der Beklagtenvertreter sieht in der Ablehnung keine unzulässige Diskriminierung. Durch den Kirchenaustritt werde in aller Regel das Band, das ein Dienstverhältnis mit einem katholischen Arbeitgeber prägen sollte, gelöst und der Kernbereich der Loyalitätspflicht gegenüber der Identifizierung mit den Werten und Zielen der katholischen Einrichtung berührt. Das sei eine ganz bewusste Entscheidung gegen die Kirche. Der Vertreter der Kirche äußerte weiter: „Ist das dann eine Diskriminierung, wenn kirchliche Einrichtungen solche Mitarbeitenden nicht beschäftigten wollen? Ich meine nicht.“

Die Klärung der Frage der Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens durch eine gerichtliche Entscheidung lässt jedoch weiter auf sich warten. Vor dem Arbeitsgericht Pforzheim wurde eine Vergleich geschlossen: Zwar ist ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen, die Klägerin wird jedoch durch Zahlung eines Betrags in Höhe von knapp sieben Bruttomonatsentgelten entschädigt.

Den größten Erfolg verzeichnete hierbei die Kirche, nachdem auch in diesem Verfahren die abschließende Klärung solcher Angelegenheiten vermieden werden konnte.

Arbeitsgericht Pforzheim, Az.: 5 Ca 283/18

 

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